So eine Nacht hatte ich schon lange nicht mehr. Ich lungerte in einer Disse und erwartete nervös die Dinge, die da kommen. Ich konnte gar nicht so viel trinken, um für einen anderen Zustand offen zu sein.
Nachdem ich ähnlich wie auf der Flucht den einen Floor verließ, als ich ihn sah, war ich später doch bereit. Deswegen war ich hier. Ich klopfte ihm von hintern auf die Schulter (ein Deja vu) und beobachtete mich dabei, wie es mir geht, wie es mir dabei geht, mit dem gefallenen Superhelden zu sprechen. Und alles war cool, wir waren cool. Ich hatte nur das Gefühl, ich konnte gar nicht damit aufhören, ihn anzufassen, zu umarmen, so groß war meine Erleichterung. Ich kann ihn endlich wieder anschauen, mit ihm reden, ihn berühren, ohne dass ich heulen will, knutschen will, schlagen will, sterben will.
Und sonst, im normalen Leben, jenseits der Tanzflächen, wurde ich von einem lieben, straighten Menschen zurechtgewiesen, nicht in ein Spiel der Masken zu verfallen, alte, zu erwarten geglaubte Verhaltensmuster zu überdenken und das Herz einen Spalt zu öffnen. Ich denke, ich werde es versuchen.
shine.on - 6. Sep, 12:19
Fakt 2 behauptet, dass Lieblingsgericht des SPD-Kurt Beck sei „Schnüffel“ – in einer Suppe schwimmende Schweinenasen.
Ihh, es gibt Leute, die Essen gerne Suppe, in der Schweinenasen schwimmen. Das ist ja widerlich. Aber uns allen steht ein Lieblingsgericht zu. Meins ist Klitzscher. Klitzscher ist der erzgebirgische Name für Reibekuchen oder ganz einfach Kartoffelpuffer. Die aus der Tiefkühlkiste zählen aber nicht. Sie müssen schon selbstgemacht sein. Am besten von Papa. Der hat von Oma gelernt. Und ich hoffe, eines Tages, wird er mich in die Küche bestellen und sagen „Kind, es ist Zeit, das du in ein Geheimnis eingeführt wirst. Sieh und lerne!“. Und dann reiben wir gemeinsam Kartoffeln, quetschen die Masse aus, schütten diverse Kleinigkeiten in die Pampe und braten, bis wir nur so stinken. Mit Apfelmus ein Gedicht, vergehen sie leicht auf der Zunge und lassen das Geschmackszentrum nach MEHR schreien. Mmm, Hunger!
shine.on - 6. Sep, 12:04
Wir kennen ja wohl alle diese Zeitschrift, die jeden Monat in einer neuen Farbe auf uns am Kiosk wartet. Ich kaufe die Neon nur noch selten, weil ich finde, die Themen wiederholen sich und weil es noch genug andere Dinge zu lesen gibt. Aber beim letzten Aufräumen habe ich dieses kleine Heft gefunden, was es zu einer Ausgabe dazu gab und in dem 200 Fakten skurriles, unnützes Wissen verbreitet werden.
Um mein Gehirn zu wecken, möchte ich nun ein Ritual erwecken. Jeden Tag ein unnützer Fakt und dann fünf Minuten spontanes Tippen, was mir dazu einfällt, einfach so. Mal sehen, ob aus dieser morgendlichen Idee wirklich ein Ritual wird…
Unnütz1
Im Fakt 1 geht es darum, dass Anfang 2008 ein Song in Neuseeland Nummer eins war, der in einer nur für Hunde hörbaren Frequenz aufgenommen wurde – „A very silent night“.
Prinzipiell kann ich Hunde überhaupt nicht leiden. Angst hab ich vielleicht nicht wirklich mehr, aber ich kann sie nicht leiden. Sie sind unberechenbar, tropfen Speichel aus dem Maul und stinken. Wenn mir einer draußen über den Weg läuft wechsele ich nicht mehr die Straßenseite, aber das war früher mal anders. Ich kann mich noch gut an eine Szene aus meiner Kindheit erinnern. Ich müsste so sechs, sieben gewesen sein. Mit meinem besten Freund Daniel, den ich immer zum Küssen zwang, war ich unterwegs, als sich meine Wege mit denen eines schwarzen Pudels kreuzten. Damals hatte ich noch keine Ahnung von Mephisto und der Sache um des Pudels Kern, das Tier war mir trotzdem unheimlich. Ich rannte los. Der Pudel mir nach. Das war gar nicht lustig. Ich rannte um mein Leben. Da ich schon als Kind nicht gerade die Schlankste war, standen meine Aussichten auf einen Sieg nicht gut. Ich weiß auch gar nicht mehr, wohin ich gerannt bin. Ich kann mich nur noch an das Rennen erinnern, der schwarze Pudel hinter mir her. Aber ich lebe ja noch. Ungebissen!
shine.on - 5. Sep, 12:55
Sie rufen immer mal wieder an, die Leute vom Meinungsforschungsinstitut. Sie tun mir dann immer leid, die Leute vom Meinungsforschungsinstitut. Und dann schenke ich ihnen ein bisschen meiner Zeit und meine Antworten auf ihre Fragen, damit sie ein wenig glücklicher sind, die Leute vom Meinungsforschungsinstitut.
Vor einer Weile haben sie mir Comedians vorgespielt, die Shows auf deutschen Radiosendern haben, und ich sollte sie bewerten. Ich fand sie alle Scheiße. Wahrscheinlich bin ich jetzt unter „missmutige Testperson Ende zwanzig ohne Humor“ abgespeichert.
Diesmal wurde ich gelangweilt gefragt, ob ich nicht ein paar Fragen zu meinem Konsumverhalten beantworten möchte. Ich dachte mir, kann ja nicht lange dauern, schließlich schätze ich mich ja nicht als großer Konsumfreund ein, und das behauptete die Umfragenstimme auch. In den folgenden zwanzig Minuten stand ich dann mit knappen „Nee“s und „Mmm“s der Wissenschaft zur Verfügung. Dauert nicht lange? Was solls. Ich habe immer Mitleid mit den Sklaven im Meinungsforschungtelefoninstitut. Ihre leeren Stimmen erinnern mich immer an meinen eigenen Call Center-Job und das Geknechtetsein.
Mein Konsumverhalten schien ein weites Feld. Banken, Zeitschriften, Reiseveranstalter, Fernsehsender, Schokoriegel, den Rest hab ich vergessen. Irgendwann hab ich nicht mehr zugehört, nur noch „Nee“ und „Mmm“ gesagt, wenn eine Pause entstand, um diese zu füllen. Ich kannte keine der Banken, nach denen ich befragt wurde, hingegen waren mir alle Schokoriegel geläufig. Ich hatte keinen von ihnen momentan zu Hause, konnte mir aber sehr wohl vorstellen, dieses Produkt zu Hause zu haben. Wozu die Umfrage eigentlich gut war, ging mir als ehemaliger Psychologie- und Soziologiestudentin im Nebenfach nicht auf. Aber die Sache mit den Fernsehsendern hatte einen fahlen Beigeschmack. Ich hab doch nicht gezahlt…
shine.on - 5. Sep, 01:27
Mein zweiter Vornahme sollte "Inkonsequenz" heißen.
Ich kann ja nicht immer diesem merkwürdig schmeckenden Erdbeerwodka die Schuld an allem geben.
Ich bin eben einfach schwach. Oder verwirrt vom auf der Suche sein? Oder zu alt zum jung sein? Oder bescheuert? Oder neugierig?
Oder einfach ich?
shine.on - 4. Sep, 22:17
Unsere Anrufbeantworter erzählten sich, dass wir beide, der Dunkle Prinz und ich, uns heute Abend ja treffen könnten. „Heute Abend legt eine Freundin von mir in einer Bar auf. Da können wir doch zusammen hingehen.“ Erst Überlegen, dann Ausreden. „Aber du kannst ja danach, also später, noch bei mir vorbeikommen.“ „Mal sehen. Vielleicht.“
Nein, das werde ich nicht tun. Ich will nicht eine Bumse des Bumsens wegen sein. Ich will vorher noch Ausgehen. Warum sag ich das dann nicht, sondern ärger mich?
shine.on - 4. Sep, 21:28
Schon die ganze Zeit während der abendfüllenden Möchtegernliteraturveranstaltung verspürte ich ein Hüngerchen. Weniger ein Hunger, mehr ein Appetit.
Gott ist in der Fastfoodbranche tätig und der Weg zum nächsten Dönermann nicht weit. Wir sind in Kreuzberg. Ich bestelle einen Auberginenkepab to go. Viel Knoblauchsoße.
Die Bushaltestelle ist nah und völlig unerwartet fährt der Wagen vor. Sonst muss ich doch auch immer warten.
Ratlos. Hin und her gerissen.
Ich hasse Leute, die in Beförderungsmitteln des ÖPNV Essen verspeisen müssen. Meistens ist das nicht nur mit Futterneid verbunden, sondern vor allem mit Geruchsbelästigung. Der Bus öffnet seine Tür und will mich einsaugen, wie ein Staubsauger einen Fussel. Ich beiß in das knusprige Brot. „Darf ich etwas zu Essen mit in den Bus nehmen?“ frage ich nachdem ich hintergeschluckt habe. „Aber nur, wenn Sie nicht kleckern.“ antwortet der Busfahrer nach einem prüfenden Blick förmlich. „Aber nur, wenn Sie nicht durch ein Schlagloch fahren.“ Nein, das denke ich mir nur. Das mich der Busfahrer Siezt, irritiert mich. Da sind wir unter Ickes doch nicht so in der Nacht. Ich steige ein, mach es mir bequem, beiße, kaue, kleckere. Natürlich kleckere ich! Wie kann man in ein Fladenbrot gestopfte flutschige Auberginen, ein Salatbouquet und jede Menge Knoblauchsoße verspeisen, ohne dabei eine Riesensauerei zu veranstalten? Aber ich kleckere nur auf mich, nicht auf oder in den Bus. Berlin ist eine arme Stadt, da will ich die Stadtkasse nicht mit Reinigungskosten belasten und am Ende Schuld sein an der nächsten Fahrpreiserhöhung.
Aber irgendwie schmeckts nicht mehr so lecker. Nicht nur ich beiße ins Brot, auch in meinem Gewissen beißt etwas.
shine.on - 3. Sep, 01:53
Ich hätte es beinahe vergessen, es hier zu erwähnen. Beinahe.
Dieses Jahr war es in der letzten Augustwoche. Es war der 26. oder 27., als ich die ersten Weihnachtsnaschereien im Supermarkt entdeckte.
Oh du Fröhliche!
shine.on - 2. Sep, 09:04
„Das klingt jetzt vielleicht komisch, aber ich hab keine Kondome mehr zu Hause.“
Junge, das klingt wirklich komisch. Aber wir beide sind nicht nur erwachsen, offensichtlich auch verantwortungsbewusst. Ich packe ein rotes und ein blaues ein und mache mich auf den Weg.
Wir kennen uns jetzt sieben Tage und sehen uns zum vierten Mal.
In meinem Profil steht, ich suche Männer. Er sucht Frauen. Als wir dann schnell bemerken, dass wir nicht nur in diesem Punkt übereinstimmen, beschließen wir, wir sollten uns kennenlernen. Warum nicht, deswegen begründen Internetflirtplattformen schließlich ihr Dasein. Virtuelles Kennenlernen, persönliches Kennenlernen, intimes Kennenlernen. Zeitlassen ist was für Romantiker und außerdem manchmal Zeitverschwendung.
shine.on - 28. Aug, 22:24
Nachmittags vor den Schönhauser Allee Arkaden treffen wir uns. Um drei, die beste Zeit zum Kaffeetrinken. Meine Exkollegin, das Sonnenscheinchen, und ich treffen uns zum gemeinsamen nachmittäglichen Zeitvertreib. Wir sind jung, wir haben nichts zu tun, wir gehen Kaffeetrinken, wir sind arbeitslos. „Arbeitsuchend“ sagt man da ja wohl eher heute, weil es weicher klingt. Aber wir sind weniger auf der Suche, eher in einer Phase der Umorientierung. Die Eine traurig und sich als Versager fühlend, die Andere irgendwie ganz froh, nicht mehr jeden Morgen halb sieben aufstehen zu müssen, weil das mit der Arbeit vorbei ist.
Wir schlendern die Schönhauser Allee entlang, auf der Suche nach einem Kopierladen. Ich brauche noch ein paar Abzüge meines Arbeitszeugnisses, ich will mich doch bewerben, sieht ja sonst auch irgendwie komisch aus und die Eltern stellen schon mehr Forderungen als Fragen. Wir kommen an diesem tollen Blumengeschäft vorbei, in dem man auch Kaffeetrinken kann. Sonnenscheinchen will mir dort die Papageien zeigen. Doch sofort werden wir von einem Verkäufertyp abgehalten und zwingend nach unseren Bedürfnissen interviewt. Anscheinend ist da kein gaffendes Publikum gewünscht. Eine Grünpflanze muss her, beschließt das Sonnenscheinchen augenblicklich. „Möchten Sie mir vielleicht mal etwas genauer den Standort beschreiben?“ Da können die noch so viele Papageien durch den Laden fliegen lassen, über Geografie wollen wir jetzt nicht sprechen.
Weiter geht’s, ein Kopierladen lässt sich finden, hier gibt’s eben alles. Nun, wenigstens hab ich mit dem Erstellen von zehn Kopien zukunftsblickend eine kleine Winzigkeit zum Beenden meines aktuellen Schwebezustandes in Warteposition getan. Wir laufen an einem Filmset vorbei. Wie immer gibt es nichts zu sehen. Der Tisch der Cateringhabseeligkeiten sieht auch dürftig bestückt aus. Anscheinend wird hier auch nur so getan, als ob etwas getan wird.
Wir kehren in ein Cafe ein. Ich fühle mich wie in einem Ausstellungsraum für DDR-Möbelstücke der 70er und 80er, Sonnenscheinchen gefällts. Wir bestellen Milchshake, Eis und Capuccino und reden. Wir reden kein Wort über die Arbeit oder besser gesagt unsere Exarbeit. Wir reden über Urlaub, Liebschaften, Freunde von Freunden und diesen Kram.
Die Tür geht auf, vier Mütter mit den dazugehörigen Kindern (mehr als vier) betreten das Cafe. Das Getöse, was sie mitbringen, zerschneidet die vorher dagewesene Gemütlichkeit. Paul, Emma und Co stürmen die Spielecke, neben der wir uns ungeschickter Weiße auf dem Sofa niederließen. Bevor die Prenzlbergmütter ihre Bestellung am Tresen aufgeben werden die Zwerge befragt, ob sie lieber ein Rosinenbrötchen oder ein Croissant möchten. Wieso muss ein zweijähriges Kind über französische Frühstückskultur informiert sein? Die Kinderwahl fällt auf die deutschere Variante. Aber irgendwas war wohl nicht in Ordnung mit dem Rosinenbrötchen. Als Sonnenscheinchen gerade über die Woche auf Hiddensee berichtet, strömt ein unangenehmer Duft in unsere kinderlosen Nasen. Die Prenzlbergmütter schlürfen gemütlich weiter am gefleckten Warmmilchgetränk. Uns kommt fast das Kotzen und wir können uns kaum noch auf unser Gespräch konsentrieren. Endlich bemerkt auch die Mutterfraktion, dass da was in der Luft liegt. Anscheinend sind ihre Nasen im Getümmel irritiert, denn es gelingt ihnen an der Geruchsprobe nicht, den Herd der Luftverseuchung zu lokalisieren. Eine Mutter schnappt sich nach der anderen ein Kind. Leider nie das eigene, was zu Folge hat, dass die jeweils zurückgebliebenen Nachkommen, Terror aufgrund von Verlustängsten verbreiten, den die anderen Mütter nun zu besänftigen versuchen. „Wie war das jetzt noch mal mit eurer Wanderung an der Küste?“ Wir kommen nicht weiter mit unserem aktuellen Thema der Unterhaltung. Zwangsläufig kommen wir zum uns vorgesetzten Thema und beteuern uns überzeugend, dass wir froh sind, keine Kinder zu haben. Irgendwann ist dann der Geruchsherd gefunden, aber die Kinderpartystimmung rockt weiter. Sonnenscheinchen und ich kommen aber erst wieder runter, nach dem die Prenzlbergmütter sich mit Nachwuchs gen Spielplatz verabschiedet haben. Danke.
Auf dem Nachhauseweg kehre ich doch noch spontan bei Hasi & Mausi ein. Ne riesige Schwangerschaftsmodeabteilung haben die da. Von mir aus. Aber sonst gibt’s alles nur bis Größe 38.
Ich fühle mich diskriminiert!
shine.on - 28. Aug, 21:27
Es waren nicht Engel und Teufel, die in mir einen Kampf austragen. Immer noch stehen sich die Idee von Superheld und Überasshole in mir gegenüber. Sie kämpfen. Ziel ist nicht, dass einer der beiden als Sieger hervorgeht. Ziel ist die Vereinigung der beiden. Sie sollen verschmelzen wie zwei verschiedene Eissorten in einem Becher und dann ein perfektes Eins werden, zu einem Genuss, mit dem ich nicht nur gut leben kann, sondern der nach allem Gefühlten eine Bereicherung sein soll. Ich denke, nach einer langen Zeit des Kampfes komme ich dieser Einigung in mir nun näher. Auch wenn die Waffen noch nicht endgültig niedergelegt sind, gehe ich dem Zieleinlauf auf dem Weg der internen Versöhnung meines Herzens mit der Realität entgegen.
Erinnerung kann grausam sein, besonders wenn das Lächeln eines Idioten darin die Hauptrolle spielt.
shine.on - 22. Aug, 09:48
Mitten ins Herz hinein, fandest du den Weg nicht mehr heraus. Nein. Alles spielte sich nur in meiner Phantasie ab. Nur dort. Die Fakten sind klar. Wir trafen uns, keine Liebe, nur ein Gerüst. Ja, ich weiß das alles. Aber ich kann nicht aufhören, an den Superhelden zu denken, den Überhero, der du für mich bist. Der du für mich warst. Wie lange braucht es, um die Spuren der Erinnerung zu löschen? Wenn sie eh nicht helfen, loszulaufen und dem Tag in den Arsch zu treten.
shine.on - 5. Aug, 12:14